… ein Comeback der besonderen Art

Von Johannes Mindler-Steiner, Graz

Tschinggis Khan (Bildnis aus dem 14. Jahrhundert)

TSCHINGGIS KHAN. Sein Name erweckt vielfältigste Assoziationen und zählt seit seiner offiziellen Erhebung zum Großkhan der Mongolen (1206) zu den ambivalentesten Figuren der Geschichtsschreibung. Seine große Bedeutung für die heutige Mongolei als Identifikationsmerkmal ist unumstritten, doch auch im Lateinischen Abendland hinterließ das mit ihm verbundene mongolische Weltreich tiefe Spuren. Die Beurteilungen zu seiner Person und seinem Wirken gehen im Laufe der Geschichte diametral auseinander. So wird er unter anderem als Gottesgeißel, Kulturvernichter, Menschenschlächter, dann aber auch weisester Herrscher, Vorbild für Politiker und Manager bezeichnet und feierte neuerdings sogar als „Vater der ersten Globalisierung“ und „man of the millenium“ ein unerwartetes Comeback. Im folgenden Text werden aus eurozentristischer Sicht Streiflichter seines Nachwirkens vom Mittelalter bis hin zu Tagespolitik in Geschichtsschreibung, Film, Literatur und Musik besprochen werden.1 Der Schwerpunkt liegt hierbei auf mittelalterlichen und zeitgeschichtlichen Quellen. Es wird davon ausgegangen, dass Topoi über Tschinggis Khan existier(t)en und diese mittels direkter Übernahme oder Transformation, als Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses Europas, bis heute gepflegt werden. Diese Ressentiments können durchaus auch heterogener Art sein, was sich aus der Diversität der Quellen, ihrer Überlieferungsstränge und ihrer Bewertung innerhalb der Geschichte ergibt. 

Ausgehend von ersten mittelalterlichen dem europäischen Kulturraum zugehörigen Berichten, welche verzerrt über Tschinggis Khan und mit ihm in Verbindung gebrachte Ereignisse im fernen Osten berichten, gilt es einen sehr straffen Bogen in die Jetztzeit zu spannen, in das Zeitalter der Globalisierung, wo Tschinggis Khan wohl auch im Zuge des 800-Jahr-Jubiläums der Reichsgründung (1206–2006) wieder zu neuen Ehren gelangte. Ehren, die auch übersteigerte Züge aufweisen können und somit ihrerseits wieder (un)bewusste Geschichtsfälschung betreiben, sodass Michael Weiers sich dazu veranlasst fühlte, hervorzuheben, dass weder Tschinggis Khans Reich eine unerhörte Größe aufwies und sich auch der unter Tschinggis Khans Namen kolportierte rege Kulturaustausch […] von dem viele profitierten, so nicht stattfand und derartige Feststellungen sich bei genaueren Hinsehen als leider immer wieder erzählter Mythos, also als ein Märchen erweisen.2

In der Darstellung über die Jahrhunderte hinweg wechselte in der Einschätzung der jeweiligen Zeitgenossen und Interessenslagen Tschinggis Khan immer wieder sein „Aussehen“, es hat fast den Eindruck, als könne er in den ihm angedeihenden Zuschreibungen – mitunter im selben Betrachtungszeitraum – die Antipode seiner selbst sein:3

Zuschreibungpositivnegativ
KulturEinführung der Schrift bei den Mongolen, Gründer von Traditionen, Promotor von „cross-cultural contacts“, kultureller Heros (cultural ancestor)einer der großen Kulturfeinde und Zerstörer ganzer Kulturräume, Reiche und Ethnien 
ReligionWichtige buddhistische Gottheit, Personifikation schamanistischen Kults, religionsliberal, Freund Gottes, auserwähltes Werkzeug Gottes bzw. je nach Blickwinkel verschiedener GottheitenAntichrist, Moslem, Monotheist, Erzfeind des Christentums, Erzfeind des Islam
KriegGenialer Stratege, Kriegsherr und ErobererRoher Barbar, Massenmörder, kein Mitleid, hält sich nicht an Vereinbarungen
BildungGelehrter Gesetzgeber, stets Lernender und Weisheit suchendBarbar, vernichtet kulturelle Errungenschaften anderer
PolitikGlänzender Herrscher, weiser Gesetzgeber, Vorläufer der Demokratie, Einiger der Mongolei, Einiger Chinas, verehrter Ahnherr chinesischer und muslimischer Dynastien  Orientalischer Despot, Krieg und Zerstörung sind einzige Mittel zur Durchsetzung von Interessen, unangefochtener Weltherrschaftsanspruch, der jeden Widersacher und dessen Familie auslöscht
ZugehörigkeitMongole, Chinese, Kasache, Buryate … letztlich: „man of the world” – Vater der Globalisierung 

Temüdschin, der spätere Tschinggis Khan, wurde in der Mitte des 12. Jahrhunderts n. Chr., wahrscheinlich in der Nähe des Deliün-boldaq am Onon, geboren – die Geburtsdaten divergieren. Ausführlich wird sein bewegtes Schicksal und das seiner Familie in der für die Zeit seines Aufstieges authentischesten Quelle, der Geheimen Geschichte der Mongolen4, wiedergegeben. Letztlich konnte er sich trotz Rückschlägen sowohl privater als auch militärischer Natur in Stammesfehden durchsetzen und wurde im Jahre 1206 als Herrscher über die Völker in den Filzwandzelten5 anerkannt. Eine neue militärische und soziale Ordnung sowie eine straffe Gesetzgebung bildeten die Basis für weitere Eroberungen, in denen man nach einer Konsolidierungsphase über den nomadischen Lebensbereich hinausgriff und sesshafte Nachbarreiche unter großen Verheerungen botmäßig machen konnte. Als brillanter Taktiker verstand es Tschinggis Khan, sich Errungenschaften und Dienste anderer zu Nutze zu machen. Erst diese Offenheit, die sich zuvorderst im militärischen Bereich zeigte, konnte den Ansprüchen des stetig wachsenden Reiches gerecht werden. Im Jahre 1227 verstarb Tschinggis Khan, wahrscheinlich an den Folgen eines Reitunfalles.6 Die verschiedenen Familienzweige setzten die Eroberungen fort, jedoch fehlte letztlich der Zusammenhalt, beziehungsweise eine klare Thronfolgeregelung, auch das Supremat des Großkhans litt unter internen Querelen und Intrigen, sodass – befeuert durch unterschiedlichste Begehrlichkeiten – das unter seinen Nachfolgern angewachsene Reich implodierte bzw. sich die Teilreiche verselbstständigten. Als charakteristische Beschreibung der Person Tschinggis Khans, wird oftmals ein angeblich von Tschinggis Khans getätigter Ausspruch angeführt, der sich bei dem persischen Historiographen Raschīd ad-Dīn (1247–1318) wieder findet: 

Das höchste Glück eines Mannes ist, den Feind zu verfolgen und zu besiegen, sich seines ganzen Besitztums zu bemächtigen, seine verheirateten Frauen schluchzen und weinen zu lassen, auf seinen Wallachen zu reiten, die Leiber seiner Frauen als Nachtgewand und Stütze zu benutzen, ihren rosafarbenen Busen zu betrachten und zu küssen, an ihren Lippen, süß wie die Beere an der Brust, zu saugen. ((Raschīd ad-Dīn zitiert in: Ratchnevsky, Činggis-Khan, 136. Als Belegstelle gibt Ratchnevsky an: Rašid-ad-Din, Sbornik ljetopisej, I/2, 265. Übers. v. O. I. Smirnova. Moskau/ Leningrad 1960. Ratchnevsky meint in diesem Zitat die Einstellung Tschinggis Khans zu erfassen, „im Rausche des Krieges die Erfüllung des Mannes zu suchen“. Vgl. Ratchnevsky, Činggis-Khan, 136.))

Ein Zitat, welches weder Margret Thatcher davor abschreckte, sich einen weiblichen Tschinggis Khan zu nennen7, noch die erste Bergsteigerin, der es gelang alle 8.000er zu bezwingen, die Südkoreanerin Oh Eun-sun, daran hinderte, Tschinggis Khan als ihr Idol zu nennen8. Auch Adolf Hitler bescheinigte Stalin, dass dessen Idol Tschinggis Khan wäre9. Die Fantasyfigur Conan, welche auf den Erzählungen Robert E. Howards beruht und auf der Leinwand von Arnold Schwarzenegger verkörpert wurde, zitiert im englischen Original, mit leichtem Akzent versehen, beinahe dieselben Worte10. Eine amüsante Wendung erfährt die Szenerie des Ausspruches in einem Scheibenweltroman Terry Pratchetts11.  

Tschinggis Khans expansionspolitisch aktive Nachkommen sorgten dafür, dass das Reich der Mongolen zum größten zusammenhängenden Landreich der Geschichte werden sollte12 – letztlich hemmten aber, wie schon angemerkt, Differenzen innerhalb der tschinggiskhanidischen Familienzweige und der von ihnen „verwalteten“ Territorien den von Tschinggis Khan gestellten „Arbeitsauftrag“, sich die gesamte Erde zu unterwerfen, und führten zum Verfall der Pax Mongolica, welche wiederum eine eigene Erzählung in sich ist. Kurzfristig schien das mongolische Reich durch die Weltmachtphantasien eines Tamerlan bzw. Timur Lenk (1336–1405) auferstehen zu können. Traumatisierend war für Zentralosteuropa vor allem der unter dem Namen „Mongolensturm“ bekannte Vorstoß der Mongolen nach Russland (Tatarenjoch)13 und die an diese Heereszüge anschließenden Niederlagen europäischer Ritterheere in Liegnitz (polnisch-deutsche Verbände unter Herzog Heinrich II. von Schlesien, 9.4.1241) und am Sajó bei Mohi (ungarische Verbände unter Bela IV., 11.4.1241)14. Konsequent aber anachronistisch wurden und werden diese Ereignisse mit Tschinggis Khan (gest. 1227) in Verbindung gebracht. Als Beispiel sei hier nur auf Adolf Hitler verwiesen, der die Auffassung vertrat, dass in der Schlacht bei Liegnitz die Ungarn(!) den Mongolen Tschinggis Khans(!) gegenüberstanden.15 Hitler rechtfertigte übrigens in einer Geheimrede (30.5.1942) vor dem „Militärischen Führernachwuchs“ unter dem Titel War der zweite Weltkrieg für Deutschland vermeidbar? den Angriff auf die Sowjetunion derart: 

Heute [30. Mai 1942] können wir nun einmal prophetisch aussprechen: Wäre im Jahre 1933 […] es damals nicht gelungen, den Neubau des Reiches durchzuführen […] und vor allem die deutsche Wehrmacht aufzurichten, dann würde […] eine vollständig ungerüstete, wehrlose deutsche Nation das Opfer geworden sein eines Giganten, der wieder aus Asien über Europa hinweggezogen wäre. Ein neuer Dschingis-Khan wäre gekommen.16

In dieser Argumentation konnte er auf Vorbilder zurückgreifen, die den Einbruch der „gelben Gefahr“ beschwörten, so zum Beispiel C. Spielmann, der im Vorwort zu seinem Buch Arier und Mongolen. Weckruf an die europäischen Kontinentalen unter historischer und politischer Beleuchtung der Gelben Gefahr (1905) ein Endzeitszenario für die „arische Rasse“ zeichnete: 

Von Osten droht die Gefahr durch die neuen Tschingiskhane; über kurz oder lang wird sie hereinbrechen. Schließt euch zusammen, arische Völker Europas, euer Rassen- und Herrentum zu verteidigen; trefft eure Vorkehr-ungen, ehe es zu spät ist!17

Unter dem Eindruck des sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ereignenden „Mongolensturms“ ist es verständlich, wenn mittelalterliche Chronisten der europäischen Bezeichnung für die Mongolen, die auch als Tataren bekannt waren, ein simples „r“ hinzufügten, sodass diese als Tartaren in ihrer Symbolik nunmehr für leibhaftige Teufel standen. Die Tartari waren Wesen, die aus der Unterwelt, aus dem Tartaros (altgriechisch: Τάρταρος), hervorgebrochen waren, ebenso wurden sie mit den Endzeitvölkern Gog und Magog gleichgesetzt.

So führt Rogerius von Torre Maggiore, Augenzeuge der Ereignisse von 1241 und über ein Jahr Gefangener der Mongolen um 1243/44 als Grund der Abfassung seines „Klageliedes“ an: 

Auch sollen alle  wissen, dass ich dies nicht unüberlegt berichte, denn wer auch immer in die Hände der Tartaren geriete, für den wäre es besser, „wenn er nicht geboren wäre“. Denn er wird merken, dass er nicht von den Tartaren, sondern im Tartarus festgehalten wird. ((Vgl. Hansgerd Göckenjan, Der Mongolensturm. Berichte von Augenzeugen und Zeitgenossen 1235–1250, übersetzt, eingeleitet und erläutert von Hansgerd Göckenjan und James R. Sweeney, Graz/Wien/Köln 1985, 140 und 187f., Anm. 13. Vgl. dazu auch die Ausführungen bei Gießauf, Lichtgestalt oder Gottesgeißel?, 48; Axel Klopprogge, Das Mongolenbild im Abendland, in: Stephan Conermann/Jan Kusber (Hgg.), Die Mongolen in Asien und Europa, Kieler Werkstücke, Reihe F: Beiträge zur osteuropäischen Geschichte 4, Frankfurt am Main 1997, 88–101. Zur Rolle der Nomadenvölker in der christlichen Eschatologie insbes. Ebenda, 85–88; Thomas N. Haining, The Vicissitudes of Mongolian Historiography in the Twentieth Century, in: Reuven Amitai-Preiss/David O. Morgan (Hgg.), The Mongol Empire & its Legacy, Leiden/Boston/Köln 1998, 332–346.))

Thomas v. Spalato (gest. 1266), der die Mongolen mit der Pest verglich, hielt fest, dass, da die Tartaren mit der gleichen Ruchlosigkeit alle hinschlachteten, diese nicht als Menschen, sondern als Dämonen erschienen.18 Ihm zufolge würden selbst die Frauen der Tartaren wie die Männer „wüten“ – nur noch grausamer, wie auch deren Kinder, denen in einer regelrechten „Schule des Tötens“ beigebracht werden würde, andere Kinder niederzumetzeln und es würde das Kind Lob finden, welches härter zugeschlagen hatte und mit einem Hieb einen Kopf zerschmettern oder einen Jungen töten konnte.19

Gedanklich wäre nun folgender Schluss zu ziehen: Wenn schon die Mongolen bzw. die Ta(r)taren Wesen aus der Unterwelt waren, wie grausam musste dann erst recht der „Anstifter zu ihren Missetaten“ sein? 

Da man in Europa nach dem plötzlichen Abzug der Mongolen 1222/23 und 1242 vor einem Rätsel stand, man aber realpolitisch wissen wollte, wer die Mongolen denn nun seien und woher sie kämen, entschlossen sich europäische Machthaber (Béla IV., Innocenz IV., Ludwig IX.) eigene Mongolengesandtschaften auszurüsten, die Näheres in Erfahrung bringen sollten.20 Obwohl die uns erhaltenen Berichte dieser Mongolenreisenden erstaunlich erfahrungswissenschaftlich ausgerichtet sind, griffen deren Autoren, Mönche aus den noch jungen Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner, doch auch auf die im Abendland wohlbekannte Legende des Priesterkönigs Johannes bzw. des sagenhaften Königs Davids zurück, von denen man seit dem 12. Jahrhundert zu wissen glaubte, dass diese weit im Osten ein christliches Reich hätten, und kombinierten deren legendäre Existenz mit der historischen Figur Tschinggis Khans. Die Überlieferungen über den Kampf zwischen Priesterkönig Johannes und Tschinggis Khan weichen zwar voneinander ab, prinzipiell erscheint Tschinggis Khan aber im Gewand eines hinterlistigen aber doch charismatischen Heerführers, der die Mongolenstämme einte, um dann militärisch gegen das Umfeld des Priesterkönigs Johannes vorzugehen, wobei dieser Feldzug für Tschinggis Khan nicht immer erfolgreich geschildert wird.21 So beispielsweise in der Historia Mongalorum des Johannes de Plano Carpini (um 1185–1252), verfasst um 1247, der Tschinggis Khan im alttestamentarischen Jargon als großer Jäger vor dem Herrn bezeichnet, ihn als machtgierig, skrupellos und herrschsüchtig darstellt.22 In der ebenfalls im gleichen Kontext entstandenen Historia Tartarorum des C. de Bridia wird Tschinggis Khan aus edlem Geschlecht stammend, aber mit grausamem Charakter23 ausgestattet, beschrieben, der es sich zur Aufgabe gestellt hatte, alle Völker und Länder mit Waffengewalt in den Besitz der Mongolen zu bringen. 

Im Itinerarium des ein paar Jahre nach den Papstgesandtschaften, wohl im Auftrage des französischen Königs Ludwig IX. zu den Mongolen reisenden (1253–55) Franziskaners Wilhelm von Rubruk, tritt uns Tschinggis Khan zunächst sogar als ein Schafe stehlender Hirte entgegen.24 Durch die Ereignisse des über die östlichen Länder Europas plötzlich hereinbrechenden „Mongolensturms“ und der Legendenbildung rund um Tschinggis Khan, die ihn in der abendländischen Gedankenwelt in der Priesterkönig-Johannes-Episode mythologisch und heilsgeschichtlich zu verankern schien, wurde dem Khan ein Fixplatz im westlichen kulturellen Gedächtnis zugewiesen, und das, obwohl er selbst Europa nie betreten hatte. Losgelöst von der aktuellen mongolischen Bedrohung, und dem pseudoreligiösen Kontext entschwunden, wurde er bei Marco Polo (1254–1324) schließlich zum Inbegriff des guten orientalischen Herrschers. Als erster Europäer zeichnet Polo in seinem unter dem Namen Il Milione geläufigen Bestseller ein verklärtes Tschinggis Khan Bild: Sie [i. e. die Mongolen Tschinggis Khans] misshandelten aber die Menschen nie und beraubten sie auch nicht, sondern forderten sie auf, mit ihnen zu ziehen und andere Völkerstämme zu bezwingen.25 Die durchgehend positive Darstellung Tschinggis Khans erklärt sich aus Marco Polos Gefolgschaftsverhältnis zu Khubilai Khan und der diesem und seiner Hofhaltung entgegengebrachten Bewunderung. Aus diesem Grund liefert Marco Polo nicht nur ein idealisiertes Bild von Khubilai Khan, sondern auch von dessen Großvater, dem Reichsgründer Tschinggis Khan, wobei er hier mit der mongolischen Geschichtsdeutung konform ging, welche die Zeit der Reichsgründung verherrlichte, indem sie die angebliche Unverfälschtheit und den Kampfesmut der „frühen Mongolen“ unter Tschinggis Khan betonte.26 Eine positive Bewertung erfährt Tschinggis Khan auch in John de Mandeville’s vor 1371 verfasstem Werk Reisen durch das Gelobte Land, Indien und China. Mandeville, wohl ein aus England nach Frankreich geflohener Schwerverbrecher, kompiliert oder besser plagiiert in seiner fiktiven Weltreise verschiedene Berichte und legt dabei viel Wert auf wundersame Geschichten. Tschinggis Khan, den er einen guten Mann27 nennt, wird dabei in Anlehnung an das Werk flos historiarum terre orientes (1307) des armenischen Chronisten und Mongolen-Sympathisanten Hethum von Korykos als ein von Gott berufener Herrscher geschildert, der milde und gottgläubig im Auftrage Gottes handelt: Allerlei Wunder bewirkt Gott zugunsten seines Schützlings, der von ihm dazu auserkoren wurde, die Welt zu beherrschen. Unter anderem teilt Tschinggis Khan – wie einst Mose – das Meer, damit das mongolische Heer trockenen Fußes durchmarschieren kann. Übersetzungen in viele Sprachen und die Erfindung des Buchdruckes bescherten Mandevilles sehr zugetaner Tschinggis Khan-Darstellung einen großen Erfolg. Aber auch Roger Bacon (1214–1292) oder Geoffrey Chaucer (The Squire’s Tale, um 1343–1400) setzten Tschinggis Khan ein wohlwollendes Denkmal, wobei Letzterer ihn in seiner längsten Geschichte der Canterbury Tales sogar zum Inbegriff des guten orientalischen Herrschers stilisierte.28 Sein positives Image scheint in dieser Zeit, als der Kulturkontakt mit China zunahm und die Mongolen keine Bedrohung mehr darstellten, bzw. die Türken, mit denen die Mongolen in Verbindung gebracht wurden, noch keine Bedrohung darstellten, seinen Höhepunkt erreicht zu haben. Neben dem Nimbus des unbesiegbaren Heerführers wird dabei seine Darstellung um die Gabe eines weisen Herrschers erweitert. Im religiösen Bereich verwandelte sich sein anfängliches Image als „Geißel Gottes“ hin zum treuen Monotheisten. ((Vgl. dazu das in der Serie Makers of the Muslim World erschienen Buch von Michal Biran, Chinggis Khan. Oxford 2007, insbes. 156–162.))

Daneben saß aber das Trauma des „Mongolensturmes“ tief, und allerlei Blutrünstigkeiten wurden ihm und den Mongolen – großteils wohl zu Recht – zugeschrieben. Als sich die Hoffnungen der Christenheit, mit den Mongolen einen Kreuzzugspartner gewinnen zu können, nicht erfüllten, sich sowohl Il-Khanat als auch die Khane der Goldenen Horde dem Islam zuwandten und sich die europäische Christenheit vom aufstrebenden Osmanischen Reich bedroht sah, scheint Tschinggis Khans Ansehen wieder gesunken zu sein.

Im 17. Jahrhundert bis zum frühen 18. Jahrhundert erfasste Europa über den Umweg muslimischer Quellen wieder eine China- und Orientbegeisterung, in deren Folge 1710 auch Tschinggis Khans erste europäische Biographie vonPetis de la Croix (1622–1695): Histoire du Grand Genghizcan29 veröffentlicht wurde, welche auch bald in Englisch vorlag.30 Tschinggis Khan wurde zudem zum Akteur europäischer Theaterstücke. Voltaire’s (1694–1778) Orphelin de la Chine (Das Waisenkind aus China 1755), in dem Tschinggis Khans Eroberungen in China thematisiert werden, zielt in der Darstellung des grausamen Herrschers Tschinggis Khans eigentlich auf den französischen König, den Voltaire dadurch indirekt kritisieren konnte, ab. Im Stück wird Tschinggis als cholerisch veranlagter König der Könige, der die fruchtbaren Felder Asiens verwüstete,beschrieben. Voltaire nennt ihn einen destruktiven Tyrannen […] der stolz […] auf die Nacken von Königen trat und nicht mehr war, als ein wilder skythischer Soldat, geübt an den Waffen und im blutigen Geschäft.31 Und er schreibt ihm als einzige positive Eigenschaft zu, dass er die moralische Überlegenheit Gebildeter anerkannt hätte. Das Theaterstück endet mit der Frage Tschinggis Khans: Was habe ich erreicht durch all meine Siege, durch all meinen schändlichen Ruhm, besudelt mit Blut? Worauf Voltaire als Antwort gibt: Tränen, Leid und Verfluchungen durch die ganze Menschheit.32 Ähnlich wie Voltaire porträtierten im Geiste der Aufklärung auch Charles de Montesquieu (1748: Der Geist der Gesetze)33 und Adam Smith (1723–1790) Tschinggis Khan als einen primitiven Rohling und barbarischen Tyrannen, den man zu einem orientalischen Despoten par excellence stilisierte.34 Sein Name steht oftmals gemeinsam mit jenem von Hunnenkönig Attila stellvertretend als „kultureller Code“ für das fremde, wilde und kriegerische nomadische Element, das in die sesshafte Welt eingebrochen war, um diese zu „geißeln“.

Ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die negative europäische Haltung um ein rassistisch-genetisches Konzept erweitert, in dem die Mongolen als Namensgeber für die „gelbe Rasse“ dienten, welche im Zuge europäischer kolonialer Überheblichkeit mit Unterwürfigkeit, Trägheit und Primitivität assoziiert wurden.35 Als weiteres Beispiel dieser Denkweise kann die Benennung des genetischen Defektes des Down Syndroms (Trisomie 21) als „Mongolismus“ angeführt werden. Die Geburt von Kindern mit Down Syndrom wurde damit begründet, dass diese Nachkommen von Kindern wären, deren europäische Mütter durch nomadische Krieger vergewaltigt worden wären.36

Über lange Zeit fand das Hauptwerk des 19. Jahrhunderts über die Mongolen, D’Ohssons (1779–1851) vier Bände: Geschichte der Mongolen von Tschinggis Khan zu Temür Bey oder Tamerlane starke Verbreitung, welches Tschinggis Khan und „seine“ Mongolen unter Zuhilfenahme orientalischer Quellen in einem ziemlich düsteren Licht zeigte.37 Obwohl Tschinggis Khan nie seinen Ruf als nobler Rohling und genialer Krieger verloren hatte, wurde er – seit dem 19. Jahrhundert – weiterhin als grausamer barbarischer Despot gezeichnet, assoziiert mit Tod und Zerstörung.38 Auch heute noch verwundert es daher kaum, wenn die ersten Sätze eines 2008 gedruckten Bändchens, welches aus der Reihe Road University – Wissen für unterwegs stammt und mit Dschingis Khan. Die Geißel Gottes betitelt wurde, mit den düster-pathetischen Sätzen beginnt: 

Aus den weiten Steppen Asiens jagten sie auf den Rücken ihrer zotteligen Pferde heran. Ein fremdartiges, ein grausames Volk. Jeder, der sich ihnen widersetzte, war des Todes. Sie schändeten die Frauen der Besiegten und führten sie und ihre Kinder in die Sklaverei. Das Abendland erzitterte vor dem Ansturm der Mongolen, unter den Hufen ihrer Pferde zerbrachen mächtige Reiche. Sie schufen das gewaltigste Imperium der Menschheit und fürchteten nur einen: Dschingis Khan, ihren allmächtigen Herrscher. […] Denn wo immer seine schrecklichen Krieger auftauchten, ließen sie Pyramiden von Totenschädeln zurück.39

Als Ausgangspunkt für einen ausgewogeneren Umgang mit dem historischen Tschinggis Khan in Europa mag wohl die Wiederentdeckung der so genannten Geheimen Geschichte der Mongolen gelten, welche kurz nach Tschinggis Khans Tod abgefasst worden sein dürfte und welche eine weiterführende und umfassendere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Tschinggis Khan aus der Sicht mittelalterlicher Mongolen erst möglich machte. Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts kam es zu einer Neueinschätzung bzw. Ausdifferenzierung des Tschinggis Khan Sujets. 

Der Zusammenbruch der UdSSR, die Selbstständigkeitsbestrebungen der Mongolei und die um sich greifende Globalisierung scheinen zu einer drastisch gewandelten Einschätzung Tschinggis Khans geführt zu haben – Tschinggis Khan und sein Vermächtnis wurden „reevaluiert“, wie der Titelseite des BBC History Magazines aus dem Jahr 2004 zu entnehmen ist, auf der es heißt: Demonised? Reevaluating Genghis Khan.40 Tschinggis Khan wird, wie es Michal Biran so treffend in ihrem 2007 erschienenen Buch über Tschinggis Khan ausdrückte, vom „Outsider“ zum „Insider“. Um die Jahrtausendwende war er plötzlich nicht mehr ein Kulturfeind und Zerstörer steppennomadischer Provenienz, sondern man sah in ihm einen Kulturvermittler. Nun nannte man ihn den „Vater der ersten Globalisierung“ (First Global Player)41 und Maker of the Modern World.42

Populärwissenschaftliche Magazine unterliegen einem Verkaufsdruck, sodass reißerische Passagen nicht ausbleiben, trotzdem zeigen sie gewisse Forschungs-Trends an und sorgen für eine nicht zu unterschätzende Meinungsbildung. Pars pro toto: Das Cover von Peter Moosleitners interessantem Magazin aus dem Jahre 1982, wo zu lesen war: Welteroberer Tschinggis Khan. Er impfte Europa die Furcht ein, dass aus dem Osten nur Böses kommen kann. ((Titelblatt von PM 5 (1982). Weitere Beispiele: Titelblatt Stern Millenium 3 (1999): Sturm aus der Steppe. Dschingis Khans Horden verheeren die Welt. Auf Seite 8 derselben Ausgabe wird plakativ vermerkt: Unter den Stiefeln Dschingis Khans – Sie vergewaltigen, brandschatzen und machen unbarmherzig nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Unter ihrem genialen und skrupellosen Anführer Dschingis Khan sind die Heere der Steppenreiter aus dem Inneren Asiens zu einer Bedrohung für die ganze Welt geworden. Auf Seite 14 die Überschrift: Leichen pflastern seinen Weg. Dass die Schilderungen in den durchaus erhellenden Artikeln nicht immer ganz den wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden, versteht sich von selbst. Zuletzt: Lutz Mäurer, Die Mongolen – Was machte sie unbesiegbar? in: PM History 2 (2011), 44–49. (Für diesen Hinweis bin ich Ursula Mindler zu Dank verpflichtet) .Tschinggis Khans Vater Yesugei wurde aber nicht, wie im Artikel auf S. 46 behauptet, von Feinden erschlagen, sondern vergiftet. Weiters stürzte er auch nicht am 18. August vom Pferd und erlag seinen Verletzungen (S. 47). Der Reitunfall hatte sich bereits einige Zeit davor ereignet, und es ist nicht sicher, ob er tatsächlich an den Folgen verstorben ist.))

Tschinggis Khan, der nie Europa betreten hatte, war in Europa dennoch nie ganz vergessen gewesen – das belegt schon allein die hohe Zahl der vielen Romane, welche aus den letzten Jahrzehnten stammen und sich mit Tschinggis Khan beschäftigen oder zumindest seinen Namen im Titel führen.43 Kurios mutet da schon eher die Ansprache des damaligen Landeshauptmannes des österreichischen Bundeslandes Burgenland, Theodor Kery, an, der zur 750-Jahr-Feier der (Markt-)Gemeinde Stoob verlautete: Wer denkt heute noch an den fünften Kreuzzug, an die Verbannung Friedrich II. oder an Dschingis Khan? Diese geschichtlichen Ereignisse des Jahres 1229 sind archiviert, aber Stoob lebt.44 Der Mythos Tschinggis Khan ist (nicht nur in der Mongolei) ungebrochen. Trotzdem gehen die bemühten Versuche um „Geschichtsbesserung“, die Tschinggis Khan weg vom Image eines blutrünstigen Barbaren hin zu einem erfolgreichen und weitsichtigen Staatsmann führen sollen, nur schleppend voran.45 Die Washington Post brachte dieses „Zwitterdasein“ auf den Punkt und kürte Tschinggis Khan zum man of the (second) millennium, [because he] has combined humanistic civilization and barbarism in one body perfectly.46 Schon bald darauf tauchte Tschinggis Khan auch in anderen Ranking-Foren zum Jahrtausendwechsel auf. 

Einflussreich und wissenschaftlich aufbereitet waren in Mitteleuropa Ausstellungen, Symposien und die Veröffentlichung wissenschaftlicher Werke, welche sich in neuer Form den Mongolen und ihrer Kultur widmeten. Als Beispiele für österreichische Ausstellungen seien hier nur aus dem Jahre 2002 „Das Erbe des Dschingis Khan“ im steirischen Leoben genannt und die aus Anlass der 800-Jahr-Feierlichkeiten der Reichseinigung der „Völker in den Filzwandzelten“ auch auf der Schallaburg gezeigte Bonner Wanderausstellung „Dschingis Khan und seine Erben.“47 In der Presse wurde diese Mongolei-Schau auf der Schallaburg unter anderem als Zeugnisse der „guten Reiter und Eroberer“ bezeichnet. ((Irene Brickner, Zeugnisse der „guten Reiter“ und Eroberer, in: Der Standard, 1./2.4.2006, 35.))

Dies heißt nun aber noch lange nicht, dass man Tschinggis Khan nicht mehr mit Tod und Zerstörung assoziieren würde – im Gegenteil, doch ist dies nicht mehr die einzige oder vordergründige Zuschreibung. Trotzdem: Als zum Beispiel der amerikanische Präsident am Vorabend der Irak-Invasion in Anspielung auf die Eroberung Bagdads unter Hulagu 1258 Genghis Bush genannt wurde,48 war dies zweifellos nicht als Kompliment eines positiv notierten Global Players gemeint. Scheinbar unbedachte Nebensätze in thematisch völlig anders gelagerten Rubriken spielen immer wieder auf das verankerte Tschinggis Khan-Bild an – was anhand von Beispielen aus österreichi-schen Tageszeitungen gut belegt werden kann: So wird zum Beispiel ein chinesischer Regisseur ob seines grimmigen Blickes49 als Dschingis Khan der Berlinale bezeichnet, da sein Aussehen an Tschinggis Khan erinnere – und das, obwohl wir gar kein authentisches Bild von diesem besitzen. Im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 mutierte der deutsche Torwart Oliver Kahn zum Dschingis Kahn: Oliver Kahn soll so g’wütet hab’n, dass er nicht WM-Torhüter der Deutschen is, dass ma ihn auf Dschingis Khan umtaufen müasst.50 Sarah Palin, der Vizepräsidentenkandidatin McCains, wurde im Zuge ihrer Bemühungen um das Weiße Haus vorgeworfen, dass sie in ihren Ansichten leicht rechts von Dschingis Khan stehen würde.51

Ein Teil der heutigen positiv besetzten Präsenz Tschinggis Khans und „der Mongolen“ verdanken wir sicherlich auch der mongolischen Tourismuswerbung, welche mit dem „Land unter dem ewig blauen Himmel“, seiner Geschichte, Entschleunigung, und der den Europäerinnen und Europäern fremden nomadischen Kultur lockt.52

Neben einer Vielzahl von Büchern und populärhistorischen Aufsätzen wuchs schon früh das Interesse der Filmindustrie, die sich zum Teil in einer sehr reißerischen und heute oftmals unfreiwillig komisch wirkenden Form Tschinggis Khan gewidmet hatte. So mimten Schauspielergrößen wie Omar Sharif oder John Wayne den Welteroberer.53 Amüsant auch Tschinggis Khans Darstellung im Monty Pythons Flying Circus,54 bei den Simpsons etc. Aber auch ernsthaftere Produktionen beschäftigen sich mit seiner Person, wie 2007 der kasachische Kinofilm Der Mongole.55 Errungenschaften, welche Tschinggis Khan zugesagt werden, werden in den letzten Jahren bei Dokumentationen in den Mittelpunkt gestellt, und Zerstörung und Massaker eher peripher behandelt, wie auch in der 2004 vom ORF im Rahmen der Universum-Reihe produzierten und bis zu diesem Zeitpunkt teuersten Spieldokumentation: Dschingis Khan – Reiter der Apokalypse (Produktionskosten € 750.000, normalerweise sollten diese damals zwischen € 300.000 und € 500.000 betragen).56

Ferner fanden Comics mit Tschinggis Khan in der Haupt- oder einer Nebenrolle Verbreitung. Immer wieder wird seine Gestalt bei Walt Disney gestreift, so beispielsweise im erstmalig 1956 erschienenen Comicstrip The Lost Crown of Genghis Khan von Carl Banks. Dieser Comicstrip gab sodann 2017 einem Sammelband mit „historischen Comics“ von Banks ebendiesen Titel.57 Nicht immer sieht der mongolische Herrscher in den Zeichnungen dabei aber heldenhaft oder edel aus: so darf der etwas tollpatschige Cartooncharakter Goofy den Dschingis Goof mimen,58 oder Tschinggis Khan wird der Lächerlichkeit preisgegeben, wenn er von seiner Frau gemaßregelt wird, wie in einem Band der Kindercomicreihe einer Versicherung.59 Im Reich des Walt Disney fand man insbesondere Geschmack an den Mongolen, die immer wieder als in Fell gekleidete Barbaren dargestellt werden. Illustrationen, welche die Mongolen darstellen, sind dabei seit dem Mittelalter nichts Neues. Beispielsweise sei auf die „Menschenfresser-Illustration“ in der Chronica maiora des Matthäus Paris hingewiesen, wobei bei dem in England lebenden Benediktinermönch Mitte des 13. Jahrhunderts scheint’s die Phantasie durchgegangen ist, wiewohl man festhalten muss, dass der begnadete Autor, Kompilator und Illustrator auch sonst in seiner Darstellungsweise von Kriegsgräueln nicht zimperlich war.60

Die Palette der Comics ist mittlerweile breit und spiegelt natürlich auch das in dieser Sparte angenommene Vorwissen der LeserInnenschaft und ihrer UrheberInnen. Wie sonst könnte ein einfaches Comicbild von John Ditchburn aus dem Jahre 2006, wenn es, wie im Vortrag auf der Tagung im Weltmuseum (die Anlass für den vorliegenden Band gegeben hat) – als erste Folie an die Wand projiziert – sofort auf schmunzelndes Verständnis seitens der TeilnehmerInnen stoßen? Im Comic ist ein in dunkelhaariger Kriegsmontur und mit Fell verbrämten Helm ausgestatteter Krieger zu sehen, der offensichtlich einen Lehrer mimt und mit süffisantem Gesichtsausdruck sein gekrümmtes Schwert mittig auf ein Schulbuch niedersausen lässt, sodass sogar das darunter stehende Schülerpult entzweibricht – vor den entsetzten und ungläubig bis ängstlich dreinschauenden SchülerInnen, die es offenbar nicht fassen können, was da sich gerade vor ihren geweiteten Augen abspielt. Die Beischrift „Teaching from a Genghis Khan perspective“ erklärt den BetrachterInnen die Szenerie.61 

Mittlerweile gibt es sogar ein sehr gut ausgearbeitetes Leseprojekt namens Dschingis Khan (zum gleichnamigen Jugendbuch von Rainer M. Schröder) auf Deutsch, das neben Lesetexten mittels Textverständnisfragen, Lückentexten oder anderen pädagogi-schen Lehrmitteln Schülern das Leben Temüdschins/Tschinggis Khans näher bringen soll – Lösungsheft inklusive.62 Zur Verbreitung mongolischen Lebensgefühles im deutschen Sprachraum sei hier neben den bekannten Semi-Dokumentationen Die Geschichte vom weinenden Kamel (2003) und Die Höhle des gelben Hundes,63 auch auf die Romane des Germanisten und Stammesoberhauptes der Tuwa, Galsan Tschinag (Irgit Schynykbaj-oglu Dshurukuwaa) verwiesen, der sich auch auf hohem literarischen Niveau mit der Person Tschinggis Khans auseinandersetzte.64

2003 behaupteten Oxforder Wissenschaftler (American Journal of Human Genetics, März 2003) eine spezifische DNA des Y-Chromosomes entdeckt zu haben, welche bei über 16 Millionen Männern vorhanden wäre und welche diese von Tschinggis Khan vererbt bekommen hätten. In der Folge krönten Reporter Tschinggis zum größten Liebhaber und Kinderzeuger, der je die Welt betreten hätte. ((Biran, Chinggis Khan, 158 gibt als Belegstelle an: Tatjana Zerjal (u. a.), The Genetic Legacy of the Mongols, in: American Journal of Human Genetics 72 (2003), 717–721; Man, Genghis Khan, 15–18. Unter Berufung auf diese Studie finden sich saloppe Formulierungen wie: Das erfolgreichste Alphamännchen der Geschichte pflanzte sich eifrig fort. Und: Damit belegt die Molekularbiologie, was die westlichen Kulturen ihrem einstigen Angstgegner lange nicht zugestanden: Der große Zerstörer war ein noch größerer Erschaffer. Nach: Tobias Hürter, Dschingis Khan. Die besonnene Bestie, in: Moritz Müller-Wirth/Urs Wilhalm (Hgg.), Das zweite Gesicht. Von Alexander dem Großen bis Mao Tse-tung. Historische Persönlichkeiten in neuem Licht, Reinbek bei Hamburg 22006, 47–55, hier: 54f.))

Doch war das Phänomen „Womanizer Tschinggis Khan“ auch zuvor nicht unbekannt, so scheint auch ein gewisser Dr. Bernd Meinunger davon gewusst zu haben. Dr. Meinunger, von Beruf Agrarökonom, lieferte einen in seiner Rezeption wirkmächtigen Liedtext und zwar für die von Ralf Siegel im Schnellverfahren gecastete Band Dschingis Khan. Im gleichnamigen Lied findet sich unter anderem die Textstrophe: Und jedes Weib, das ihm gefiel, das nahm er sich in sein Zelt – HA HU HA. Es hieß, die Frau die ihn nicht liebte, gab es nicht auf der Welt – HA HU HA. Er zeugte sieben Kinder in einer Nacht und über seine Feinde hat er nur gelacht, denn seiner Kraft konnt’ keiner widerstehen. Immerhin reichte es auf dem Songcontest in Israel im Jahre 1979 für den 4. Platz für Deutschland.65

2004 ließ übrigens noch eine Pressemeldung aufhorchen: Dschingis Khan konnte lesen und schreiben.66 Ein Wissenschaftler der Universität der Inneren Mongolei entnahm einer Textstelle, dass Tschinggis Khan kein Analphabet war – also weg vom barbarischen Image hin zu einem belesenen und somit auch weisen Herrscher. Im September 2005 gab es dann wieder Negativschlagzeilen: Hatte man in früheren Zeiten die Mongolen schon verdächtigt, auf Umwegen die Pest nach Europa eingeschleppt zu haben, so war es diesmal die Tuberkulose. ((Dschingis Khan brachte möglicherweise Tuberkulose nach Europa, science.ORF.at, 27.09.2005, <http://science.orf.at/science/news/140970>.))

Oftmalige, bis dato unbestätigt gebliebene Erfolgsmeldungen rivalisierender Forscherteams über die Entdeckung des Grabes Tschinggis Khans sorgen in gewissen Abständen für medialen Wirbel.67 Sogar National Geographic unterstützte augenscheinlich mit beträchtlichem finanziellen Aufwand und mit modernsten Hilfsmitteln diese Suche.68

Neuerdings wurde auch die Meldung verbreitet, dass Tschinggis Khan durch seine Eroberungszüge den Klimawandel beeinflusst habe, mehr noch als die große Pestepidemie in Europa (1347–1400), die Eroberung Süd- und Mittelamerikas durch die Europäer (1519–1700) und der Untergang der Ming-Dynastie in China (1600–1650)69 – wobei hier nicht nur die noch zu Lebzeiten unter Tschinggis Khans erfolgten Unternehmungen gemeint, sondern auch die Heereszüge seiner Nachkommen subsumiert worden sein dürften. Allein schon seinen Namen ins Treffen führen zu können, scheint nach wie vor für Aufmerksamkeit zu sorgen – „Tschinggis Khan“ ist eine Trademark, gleichzeitig Codewort und Platzhalter für ereignis- oder mentalitätsgeschichtliche Einschnitte.70

Wenn wir es hier vorerst bei dieser Auswahl bewenden lassen, so sieht man aber doch,wie vielfältig die Person Tschinggis Khan in den acht Jahrhunderten, die seit der Reichsgründung vergangen sind, auch in unserem Kulturbereich, der nur peripher von der Ausdehnung des mongolischen Weltreiches betroffen war, präsent war und ist. Dabei erfolgte die Bewertung Tschinggis Khans und der Mongolen dem historischen Kontext folgend unterschiedlich, zugleich aber auch mit Rückgriffen auf ältere „Schablonen“, die für gewisse Zwecke neu kontextualisiert und rezipiert wurden und werden. Tschinggis Khan ist somit nicht nur eine historische Persönlichkeit, er ist zu einem Phänomen geworden, das zuweilen als Antipode seiner selbst erscheint. In seiner Heimat ist er ohnedies allgegenwärtig, dort erscheint er als volkstümlicher Held von nahezu legendären Ausmaßen – Wodka, Bier, eine Rockband, Hotels, Straßenzüge sind nach ihm benannt, selbst der Flughafen von Ulaanbaatar trägt jetzt seinen Namen.71 Statuen und Denkmäler von immenser Größe wurden ihm zu Ehren errichtet. 

Welch Stellenwert Tschinggis Khan, der im Kanon der großen Eroberer und Politiker kaum fehlen darf, in letzter Zeit als erfolgreichem Strategen beigemessen wird, mögen die beiden nächsten Beispiele zeigen. Einmal handelt es sich um einen Gastkommentar unter dem Titel Am Weltmarkt so agieren wie Dschingis Khan im Wirtschaftsblatt aus dem Jahr 2007, in dem Tschinggis Khans Erfolgsstrategien analysiert und als Vorbild für den wirtschaftlichen Erfolg österreichischer Firmen herangezogen werden.72 Zweitens erschien 2009 ein mittlerweile in mehrere Sprachen übersetztes Buch unter dem Titel The Leadership Secrets of Genghis Khan,73 in dem der Autor in 21 business lessons ebenfalls die Führungsqualitäten Tschinggis Khans anpreist. 

Dementsprechend soll abschließend auf einen Beitrag in der Kolumne von Rainer Nikowitz in der Zeitschrift Profil hingewiesen sein, der titelte: „Beauty?“ und im Untertitel verlauten ließ: Herbert Kickls Reiterstaffel mag im Moment nur dreieinhalb Pferde stark sein. Aber selbst Dschingis Khan hat einmal klein angefangen. Oder mit den Worten der Wissenschaftsministerin a.D. Elisabeth Gehrer bei der Filmpremiere zum oben schon genannten Tschinggis Khan Film in der Universumreihe:  

E. Gehrer: Der Film zeigt auch nicht nur Eroberungen, sondern ein bisschen von der Weisheit eines Staatsmannes und das ist, glaube ich, sehr gut so. 

Reporter: Das brauch ma alle.  

E. Gehrer: Ja das könnten wir alle gebrauchen.74

Mag. Johannes Mindler-Steiner, Leiter des Afro- Asiatischen Instituts Graz und Vorstandsmitglied der Österr.-mongol. Gesellschaft OTSCHIR; Studium der Geschichte und Philosophie an der Karl-Franzens- Universität Graz; seine Publikationen befassen sich u.a. mit der Person Tschinggis Khans sowie mit der Darstellung des Mongolenbildes in mittelalterlichen Quellen; derzeit entsteht seine Dissertation über die Mongolenkhane aus abendländischer Sicht.

Fußnoten

  1. Die folgende Textfassung folgt den um einige Aspekte gekürzten, respektive erweiterten Aufsatz: Johannes Mindler-Steiner: Tschinggis Khan im europäischen Blickfeld. Eine Annäherung, in: Jahrbuch für Mitteleuropäische Studien (2015/2016), ed. Richard Lein, hrsg. v.  Mitteleuropazentrum an der Andrássy Universität Budapest, Budapest 2017, S. 203–221. Als fundierte Biographie zu Tschinggis Khan ist zu nennen: Paul Ratchnevsky, Činggis-Khan. Sein Leben und sein Wirken, Münchner Ostasiatische Studien 32, Wiesbaden 1983. []
  2. Michael Weiers, Tschinggis Khans politisches und territoriales Erbe, in: Stipes Philologiae Asiae Maioris (S.P.A.M.) 9 (2006), 1f. Der zuvor auf <http://www.zentralasienforschung.de/spam/spam092006.pdf> [18.04.2009] online gestellte Text wurde überarbeitet und liegt nun gedruckt vor in: Ders., Erbe aus der Steppe. Beiträge zur Sprache und Geschichte der Mongolen, Tunguso Sibirica 28, Wiesbaden 2009, 101–120. Vgl. auch Ders., Zweitausend Jahre Krieg, 8, wo er festhält, dass die Vermischung von Leben und Nachleben Tschinggis Khans die historischen Tatsachen vernebeln würden. So werden bspwe. die Stadtwerdung Karakorums, oder das Relaispostsystem, welche beide unter Ögödei Khan errichtet wurden, mit Tschinggis Khan in Verbindung gebracht. Als neuestes Beispiel sei die Ausgabe eines Hochglanzmagazins genannt: Red Bulletin (Feb. 2011), 80 (Text über das Mongol Derby): Der prominenteste Mongole der Geschichte ist geistiger Vater des Rennens: Dschingis Khan spannte im 13. Jahrhundert ein Postsystem berittener Boten über das gesamte Mongolische Reich. Für den Hinweis auf diesen Artikel bin ich Eduard G. Staudinger zu Dank verpflichtet. []
  3. Vgl. dazu insbesondere aus verschiedenen Blickwinkel Biran, S. 108–162. []
  4. Neueste Übersetzung mit ausführlichem Anmerkungsapparat: Igor de Rachewiltz, The Secret History of the Mongols. A Mongolian Epic Chronicle of the Thirteenth Century. Translated with a historical and philological commentary, Brill’s Inner Asian Library 7/1 and 7/2, Leiden/Boston 2006; Zahlreiche Übersetzungen in andere Sprachen existieren. Zur Intention der ersten deutschen Übersetzung, welche durch das militärische Interesse der Nationalsozialisten forciert worden wäre, vgl. Jack Weatherford, Genghis Khan and the Making of the Modern World, New York 2004, 262f. []
  5. Nachdem sie auf diese Weise die Völker in den Filzwandzelten zu Getreuen gemacht hatten, versammelten sie sich im Tiger-Jahr (1206) an der Onan-Quelle, pflanzten die neunzipfelige weiße Fahne auf und gaben dort dem Činggis Qahan den Titel Qan. Nach: Die Geheime Geschichte der Mongolen. Aus dem Mongolischen übertragen und kommentiert von Manfred Taube, München 1989, § 202, 136. []
  6. Zu verschiedenen Überlieferungssträngen der Todesursache Tschinggis Khans vgl. Johannes Steiner, „Empfange und Du wirst einen Sohn gebären, welcher der Herrscher über die Erde werden wird…“ Vorstellungen über Geburt und Tod Tschinggis Khans, in: Chronica. Annual of the Institute of History University of Szeged 7–8 (2007–2008), 220–232. []
  7. Jochen Paulus, Der Tyrannen-Bonus, in: Bild der Wissenschaft 12 (2000), 78. []
  8. Kopf des Tages, in: Der Standard, 28. 4. 2010. []
  9. Stichwortnotiz eines Tischgespräches Adolf Hitlers vom 22.7.1942, wiedergegeben in: Henry Picker, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier, München 2003, 647. []
  10. Vgl. Johannes Steiner, In bed with Genghis Khan, in: Johannes Gießauf/Johannes Steiner (Hgg.), Gebieter über die Völker in den Filzwandzelten. Steppenimperien von Attila bis Tschinggis Khan, Grazer Morgenländische Studien 7, Graz 2010, 77. []
  11. Ebenda, 77f. []
  12. Das Mongolische Weltreich dehnte sich auf seinem Höhepunkt über die Fläche von 24 Millionen Quadratkilometer aus, auf der ein Viertel der damaligen Weltpopulation (110 Mio.) lebte. Zum Vergleich: Das römische Imperium umfasste eine Fläche von 5 Millionen Quadratkilometern. Vgl. Thomas J. Craughwell: The Rise and Fall of the Second Largest Empire in History: How Genghis Khan’s Mongols Almost Conquered the World, Beverly 2010, 9. []
  13. Zur Beziehung Russlands zu den Mongolen vgl. das Standardwerk von Berthold Spuler, Die Goldene Horde. Die Mongolen in Russland 1223–1502. Wiesbaden 21965. Mit rezeptionsgeschichtlichen Aspekten zuletzt: Hartmut Rüß, Die altrussischen Fürstentümer unter der Herrschaft der Goldenen Horde, in: Gießauf/Steiner, Gebieter, 81–114. []
  14. Theodore Roosevelt bemerkt richtig: The scourge of the Mongol conquests was terrible beyond belief, so that even where a land was flooded but for a moment, the memory long remained. Theodore Roosevelt, Foreword (Sagamore Hill, September 1, 1907), in: Jeremiah Curtin, The Mongols. A History, Boston 1908, XV.  []
  15. Europa ist [1241] mit einem blauen Auge davongekommen. […] Die Ungarn in der Schlacht von Liegnitz! War es der schwere Blutverlust oder der Tod von Dschingis Khan in der Heimat, was sie zur Umkehr veranlasst hat? Aufzeichnung eines Tischmonologs vom 26. August 1942 im Quartier Werwolf bei Winniza in der Ukraine. Zu finden in: Werner Jochmann, Adolf Hitler, Monologe im Führerhauptquartier 1941–1944. Aufgezeichnet von Heinrich Heim, Berlin 1980, 367. Zitat gemeinsam mit anderen „Ergüssen“ nationalsozialistischer Machtträger wiedergegeben in Johannes Gießauf, Lichtgestalt oder Gottesgeißel? Europäische Wahrnehmungen Tschinggis Khans, in Gießauf/Steiner, Gebieter, 56f. Siehe auch: Klaus-Dieter, Bormann, Čingis-Chaan und sein Erbe – Das Vordringen der Mongolen anno 1241 nach Mitteleuropa im Spiegel der deutschen Publizistik 1940/41, in Barbara Kellner-Heinkele (Hg.), Altaica Berolinensia. The concept of sovereignty in the Altaic world. Permanent International Altaistic Conference, 34th Meeting, Berlin 21–26 July, 1991, Asiatische Forschungen 126, Wiesbaden 1993, 39-43. Ob der Tod Ögödeis wirklich ausschlaggebend für den Rückzug der Mongolen war, ist umstritten. Eine unterhaltsame Gedankenspielerei über den hypothetischen Verbleib der mongolischen Truppen in Europa nach 1242 findet sich bei Cecelia Holland, Der Tod, der Europa rettete. Die Mongolen ziehen sich zurück, 1242, in: Robert Cowley (Hg.), Was wäre gewesen, wenn? Wendepunkte der Weltgeschichte, München 2002, 115–130. Ebenfalls hypothetisch ist auch der Abschnitt 11. Dezember 1241. Großkhan Ögödei überlebt ein Trinkgelage – Die Mongolen brechen in Europa ein in: Reinhard Pohanka, Kein Denkmal für Maria Theresia. Eine alternative Geschichte Österreichs, Graz 2007, 29–45. Zur Schlacht von Liegnitz und ihrer Überlieferungsgeschichte vgl. Aleksander Parón, The Battle of Legnica (9 April 1241) and its Legend, in: Premysław Wiszewski (Hg.), Meetings with Emotions: Human Past between Anthropology and History, Historiography and Society from the 10th to the 20th Century, Wrocław 2008, 89–108; Michael Weiers, Liegnitz und die Mongolen, in: Stipes Philologiæ Asiæ Maioris (S.P.A.M.) Contributions on Philology and History of Eastern Inner Asia 2 (2002), 1–16. []
  16. Picker, Hitlers Tischgespräche, 712f. Kursivsetzung wie im Original. Die Vision einer finalen Auseinandersetzung mit den Mächten Asiens findet sich auch bei Heinrich Himmler. Vgl. Himmlers Ansprache vom 12.09.1942 im ukrainischen Hauptquartier Hegewald vor SS-Führern, auszugsweise abgedruckt bei: Peter Longerich, Heinrich Himmler. Biographie. München 2008, 273, wo Himmler auch Attila, Tschinggis Khan, Tamerlan und Stalin in einem Atemzug nennt. []
  17. C. Spielmann, Arier und Mongolen. Weckruf an die europäischen Kontinentalen unter historischer und politischer Beleuchtung der Gelben Gefahr. Halle an der Saale 21914, V. []
  18. Göckenjan, Der Mongolensturm, 246. []
  19. Ebenda. Zum Mongolenbild vgl. Johannes Gießauf, Barbaren – Monster – Gottesgeißeln. Steppennomaden im europäischen Spiegel der Spätantike und des Mittelalters, Grazer Universitätsverlag, Reihe Habilitationen, Dissertationen und Diplomarbeiten 10, Graz 2006, insbes. 135–174; Gian Andri Bezzola, Die Mongolen in abendländischer Sicht [1220–1270]. Ein Beitrag zur Frage der Völkerbegegnungen, Bern/München 1974; Axel Klopprogge, Ursprung und Ausprägung des abendländischen Mongolenbildes im 13. Jahrhundert. Ein Versuch zur Ideengeschichte des Mittelalters. Wiesbaden 1993; Felicitas Schmieder, Europa und die Fremden. Die Mongolen im Urteil des Abendlandes vom 13. bis in das 15. Jahrhundert. Sigmaringen 1994; Antii Ruotsala, Europeans and Mongols in the Middle of the Thirteenth Century. Encountering the Other, Humaniora Series 314. Helsinki 2001.  []
  20. Vgl. z. B. Hansgerd Göckenjan, Endzeitstimmung und Entdeckergeist. Die Mongolen im Spiegel zeitgenössischer abendländischer Quellen, in: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (Hg.), Dschingis Khan und seine Erben. Das Weltreich der Mongolen. Ausstellungskatalog Schallaburg, 31. März bis 1. November 2006, Schloß Schallaburg, München 2006, 209–217; Peter Jackson, The Mongols and the West. 1221–1410, Harlow 2005, insbes. 87–112. []
  21. Vgl. Felicitas Schmieder, Činggis Khan – Das Gesicht des Mongolen, in: Johannes Gießauf, Die Mongolei. Aspekte ihrer Geschichte und Kultur, Grazer Morgenländische Studien 5, Graz 2001, 30–46. Zu Priesterkönig Johannes vgl. Ulrich Knefelkamp, Die Suche nach dem Reich des Priesterkönigs Johannes. Dargestellt anhand von Reiseberichten und anderen ethnographischen Quellen des 12. bis 17. Jahrhunderts, Gelsenkirchen 1986, insbes. 58–71; Wilhelm Baum, Die Verwandlungen des Mythos vom Reich des Priesterkönigs Johannes. Klagenfurt 1999, insbes. 158–165; Klopprogge, Das Mongolenbild im Abendland, 88–99; Peter Jackson, Prester John redivivus: a review article, in: Journal of the Royal Asiatic Society 7, 3 (1997), 425–432. []
  22. Vgl. Johannes Gießauf (Hg.), Die Mongolengeschichte des Johannes von Piano Carpine, Schriftenreihe des Instituts für Geschichte 6, Graz 1995, cap. V, § 3, 94: In terra Mongal fuit quidam qui vocabatur Chingis. Iste incepit esse robustus venator coram Domino, didicit enim homines furari, capere predam. Übersetzung in Ebenda, 152. []
  23. Erat […] vir quidam nobilis quidem genere sed moribus crudelis, nomine Cingis […] Nach: Alf Önnerfors (Hg.), Hystoria Tartarorum, C. de Bridia Monachi, Kleine Texte für Vorlesungen und Übungen 186, Berlin 1967, § 3, 4. []
  24. Hans Dieter Leicht (Hg.), Wilhelm von Rubruk. Beim Großkhan der Mongolen 1253–1255. Lenningen 2003, 82f. []
  25. Elise Guignard (Hg.), Marco Polo, Die Wunder der Welt. Il Milione. Die Reise nach China an den Hof des Kublai Khan. Frankfurt am Main 2003, cap. LXV, 87. []
  26. Vgl. Schmieder, Činggis Khan – Das Gesicht des Mongolen, 42. []
  27. Christian Buggisch (Hg.), Reisen des Ritters John Mandeville. Vom Heiligen Land ins ferne Asien 1322–1356. Lenningen 2004, 224. []
  28. Vgl. dazu den New York Times Bestseller Jack Weatherfords (Genghis Khan and the Making of the Modern World, XXIV), wo Weatherford in Bezug auf Chaucer festhält: Yet, in fact, we are surprised that the learned men of the Renaissance could make such comments about the Mongols, whom the rest of the world now view as the quintessential, bloodthirsty barbarians. []
  29. 1710 posthum veröffentlicht, 1722 ins Englische übersetzt. So: Ebenda, 156. Vgl. David Morgan, The Mongols. Oxford/Malden 22007, 25f. []
  30. Der Autor, Sekretär und Dolmetsch des Königs von Frankreich verfasste das Werk auf Wunsch eines französischen Ministers. Dessen Interesse an Tschinggis Khans Modell der Herrschaft war geweckt worden, nachdem er eine von Croix vorgenommene Übersetzung eines Gedichtes über Tschinggis Khan gehört hatte. Bei de la Croix’ Werk handelte es sich um eine ziemlich ausgeglichene und sehr einflussreiche historische Erzählung. Nach: Ebenda. []
  31. Textstellen von Voltaire in Englisch zitiert in Weatherford, Genghis Khan, 255. Deutsche Übersetzung durch den Autor. []
  32. Weatherford, The Making of the Modern World, XXVI schreibt: Voltaire protrayed Genghis Khan as a man resentful of the superior virtues of the civilization around him and motivated by the basic barbarian desire to ravish civilized women and destroy what he could not understand. Bei der in Paris im Jahre 1755 erfolgten Uraufführung des Stückes befand sich Voltaire im Schweizer Exil. Als Vorlage diente Voltaire seinerseits Der Sohn des Chao von Chi Chün-hsiang, ein chinesisches Drama aus der mongolischen Yüanzeit (um 1330). Vgl. Ders., 255. Hingegen sieht Biran hier, ebenso wie in Alexander Daw’s Theaterstück Zingis (1768), Tschinggis Khan als hero. Vgl. Biran, Chinggis Khan, 157. []
  33. Weatherford, The Making of the Modern World, 254f. []
  34. Biran, Chinggis Khan, 157. []
  35. Weatherford, The making of the Modern World, 256f. []
  36. Ders., XXVI und  257–259. []
  37. Abraham Constantin Mouradgea D’Ohsson war ein armenischer Diplomat in der Schwedischen Botschaft in Istanbul und später in Paris; er arbeitete hauptsächlich mit muslimischen Quellen (darunter viele mamlukische Arbeiten). So: Biran, 157. []
  38. Vgl. Gießauf, Lichtgestalt oder Gottesgeißel?, 56–59. Rüß, Die altrussischen Fürstentümer, 103–106. []
  39. Ulrich Offenberg, Dschingis Khan. Die Geißel Gottes, Road University, Wissen für unterwegs, München/Grünwald 2008, 9. []
  40. Titelblatt des BBC History Magazine 5/5 (2004). Dazugehörender Artikel auf 14–17. []
  41. Abb. bei Gießauf, Lichtgestalt oder Gottesgeißel?, 61. []
  42. Vgl. den Buchtitel des New York Times Bestsellers von Jack Weatherford: Genghis Khan and the Making of the Modern World. []
  43. Vgl. Johannes Steiner, Das Bild Dschinggis Khans in zeitgenössischen Quellen und rezeptionsgeschichtliche Aspekte in der Literatur der Gegenwart. Diplomarbeit, Graz 2005, 129f.; Online abzurufen unter: http://textfeld.ac.at/text/879/; Ders., „…und dadurch ist er so ganz anders.“ Bemerkungen zu Tschinggis Khan in den Quellen, in: Mitteilungen der Grazer Morgenländischen Gesellschaft 13, Graz 2005/2006, insbes. 112f. Online abzurufen unter:  <http://www.munx-tenger.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/02_Geschichte/021A_Die_Klassische_Zeit/Steiner_Xingisxaan.pdf> [20.02.2011], dort 10f. []
  44. Ansprache teilweise wiedergegeben in: Burgenländische Freiheit, 20.5.1979, 5. []
  45. Vgl. z. B. Helmut Neuhold, Die großen Eroberer, Wiesbaden 2008, wo es auf S. 123 heißt: Der Name dieses Mannes steht für die riesigen Horden mongolischer Reiter, die auf ihren kleinen, schnellen Pferden ihre Gegner mit einem vernichtenden Pfeilhagel überschütteten, Länder und Städte eroberten und Angst und Schrecken verbreiteten. […] Doch war dieser Mann mehr als nur ein blutrünstiger Barbar. Er war vielleicht der größte Eroberer der Geschichte; N. N., Tschingis Chan, in: Die Grossen der Geschichte. 1000 Fragen und Antworten. Das Grosse Volkslexikon, Wissensbibliothek 8, Hamburg 2006, 48–49, wo es auf S. 48 heißt: War Tschingis Chan nur ein brutaler Krieger? Nein. Tschingis Chan, als Held verehrt, als unerschrockener Krieger gefürchtet, war nicht nur der mordende Barbar des Mongolenreichs, sondern auch ein erfolgreicher Eroberer, wie es ihn bis zu diesem Zeitpunkt in der Weltgeschichte noch nicht gegeben hatte und in der Folge auch nicht mehr geben sollte. Oder: Michaela Dydik [u. a.] (Hgg.), Diktatoren. Die größten Tyrannen und Despoten der Weltgeschichte, Wien 2000, 34f. Vgl. auch (aus der Sicht von 1979): Walther Heissig, Die Mongolen. Ein Volk sucht seine Geschichte, Düsseldorf/Wien 1979; Weiters: Françoise Aubin/Roberte Hamayon, Alexandre, César et Gengis-khan dans le steppes d’Asie centrale, in: Olga Weber (Hg.), Les civilisations dans le regard de l’autre. Actes du colloque international Paris, 13 et 14 décembre 2001, Paris 2002, 73–105, insbes. 91–98. []
  46. Vgl. z. B. Michael Weiers, Geschichte der Mongolen, Kohlhammer Taschenbücher 586, Stuttgart 2004, 87f.; Biran, Chinggis Khan, 158; Veronika Veit, „Ein Mann für jede Gelegenheit“ – Versuch der Annäherung an den historischen Tschinggis Khan, in Gießauf/Steiner: Gebieter, 31; John Man, Genghis Khan. Life, Death and Resurrection, London 2004, 19f. Vgl. dazu auch die Überlegungen bei Jochen Paulus, Der Tyrannen-Bonus, in: Bild der Wissenschaft 12 (2000), 77f. []
  47. Ebenso einflussreich waren Ausstellungen wie im Metropolian Museum of New York 2003: The Legacy of Genghis Khan: Courtly Art and Culture in Western Asia, 1256–1353. Nach: Biran, Chinggis Khan, 158. []
  48. Biran, Chinggis Khan, 158. Zum Vergleich der Militäraktionen unter Hulagu und G. W. Bush: Geroge Lane, Genghis Khan and Mongol Rule, Westport 2004, 77–81. []
  49. Karin Feldbacher, Rubrik „Kopf des Tages“: Dschingis Khan der Berlinale, in: Kleine Zeitung, 19.2.2007, 7. []
  50. N. N., Rubrik „Amanda Klachl“, in: Kleine Zeitung, 9.4.2006. []
  51. Rau, Palin-Syndrom, in: Der Standard, 7.10.2008, 1. []
  52. Pars pro toto: Teaser der Reise-Beilage einer Zeitung: Gras&Wüste. Mancher Reisender muss sich die Mongolei halb zu Fuß erarbeiten, während die Gastgeber schon als Reiter auf die Welt kommen. Eine Entschleunigungsexpedition zu Jurten und Kamelherden. Nach: Klaus Höfler, Ein Mongolenreich für ein Pferd, in: Die Presse, 23.8.2008, R1. []
  53. Dick Powell (Regisseur), The Conqueror (Der Eroberer), USA 1956 mit John Wayne; Henry Levin (Regisseur), Genghis Khan (Dschingis Khan), Großbritannien/Jugoslawien 1965 mit Omar Sharif. []
  54. Famous Deaths – Genghis Khan, in: Monty Python’s Flying Circus, Episode 1: Whither Canada? Text unter: <http://www.ibras.dk/montypython/episode01.htm#2> [20.02.2011]. Für diesen Hinweis sei Susanne Lamm gedankt. []
  55. Sergei Bodrow (Regisseur), Der Mongole, Russland [u.a.] 2007. []
  56. Vgl. Mega-Doku im ORF, in: TV Media 31 (2004), o. S. Vgl. auch: N. N., Schlächter und Staatsmann. Die Dokumentation „Dschingis Khan“ erzählt die Geschichte des mongolischen Herrschers und zeigt ihn nicht nur als blutrünstigen Feldherrn, in: Kleine Zeitung, 25.11.2004, 67; Heinz LEGER (Regisseur), Dschingis Khan – Reiter der Apokalypse. Spieldokumentation, Universum, Erstausstrahlung: 25.11.2004, ORF 2. Regisseur Heinz Leger drehte nach zwei Jahren Vorarbeit mit mongolischen Statisten für insgesamt sieben Wochen in der Mongolei. []
  57. Walt Disney`s Uncle Scrooge: “The Lost Crown of Genghis Khan” (= The Complete Carl Barks Disney Library, vol. 16) Disney Enterprises – Fantagraphics Books: Seattle 2017, S. 1-19. []
  58. Das große Walt Disney Goofy Album, Eine komische Historie 22, Goofy als Dschingis Khan, Stuttgart 1984. []
  59. Allianz Versicherung (Hg.), Max&Luzie. Spannende Abenteuer in der Weltgeschichte, Bei Dschingis Khan, München 2001. []
  60. Vgl. The Illustrated Chronicles of Matthew Paris. Obervations of Thirteenth-Century Life. Translated, edited and with an introduction by Richard Vaughan. Alan Sutton: Cambridge 1993 (Abbildung auf S. 14).  Vgl. weiters grundlegend zur allgemeinen Rezeption der Steppennomaden bis zum Ausgang des Mittelalters: Johannes Gießauf, Barbaren – Monster – Gottesgeißeln. Steppennomaden im europäischen Spiegel der Spätantike und des Mittelalters. Grazer Universitätsverlag – Leykam: Graz 2006 (insbes. zur Darstellung der Mongolen bei Matthäus Paris und zu dessen Vorlagen, S. 165–172). []
  61. „Teaching from a Genghis Khan perspective” 6/10 2006-553 © John Ditchburn. []
  62. Vgl. dazu Rainer M. Schröder, Dschingis Khan, König der Steppe, Augsburg 2000; Dschingis Khan. Ein Leseprojekt zu dem gleichnamigen Jugendbuch von Rainer M. Schröder. Erarbeitet von Paul Baerecke. Illustrationen von Oleg Assadulin, Berlin 2005. []
  63. Byambasuren Davaa/Luigi Falorni (Regie), Die Geschichte vom weinenden Kamel. Deutschland 2003; Byambasuren Davaa (Regie), Die Höhle des gelben Hundes. Deutschland/Mongolei 2005. []
  64. Galsan Tschinag, Die neun Träume des Dschingis Khan, Leipzig 2007. []
  65. Vgl. Steiner, In bed with Genghis Khan, 76f. []
  66. N.N., Rubrik „Panorama“, Dschingis Khan war auch ein Mann der Schrift. Den größten Kriegsherrn aller Zeiten schreckten auch gelehrte Werke nicht, in: Kleine Zeitung, 24.8.2004, 56. Zur Frage, ob die mongolischen Kaiser der Yüan-Dynastie im Lesen und Schreiben bewandert waren, siehe: Herbert Franke, Could the Mongol Emperors read and write Chinese? In: Asia Maior – New Series 3/1 (1953), 28-41. []
  67. Zu Expeditionen mit dem Ziel, das Grab Tschinggis Khans ausfindig zu machen, vgl. Man, Genghis Khan, 348–363. []
  68. N. N., Dr. Lin sucht nach Dschingis Khans Grab, in: National Geographic (Oktober 2010), 8f. []
  69. Dschingis Khan beeinflusste Klimawandel, news@orf.at, 5.2.2011 <http://news.orf.at/stories/2038445/> [15.02.2011]. []
  70. Vgl. z. B. die folgenden griffigen Buchtitel, in denen der im Titel genannte Dschingis Khan nur eine marginale Rolle spielt: Norbert Kuchinke, Von Dschingis Khan bis Gorbatschow. Politiker und Potentaten als Baumeister Europas, Bastei-Lübbe Taschenbuch Bd. 60271, Bergisch Gladbach 1991; Mircea Eliade, Von Zalmoxis bis Dschingis Khan. Religion und Volkskultur in Südosteuropa, Köln-Lövenich 1982. []
  71. Veronika Veit, „Ein Mann für jede Gelegenheit“ – Versuch der Annäherung an den historischen Tschinggis Khan, in Giessauf/Steiner: Gebieter, 45; Klaus Sagaster, Činggis der Unsterbliche. Zur Wirkungsgeschichte Činggis Khans, in: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (Hg.), Dschingis Khan und seine Erben, 19–23. []
  72. Steffan Höffinger, Gastkommentar: Am Weltmarkt so agieren wie Dschingis Khan, in: Wirtschaftsblatt, 3.10.2007. Online abzurufen unter: <http://www.wirtschaftsblatt.at/home/news/meinung/261281/index.do?_vl_backlink=/home/news/meinung/index.do<, 31.5.2009. Diesen Hinweis verdanke ich Wolfgang Trink und Dajana Schneider. Vgl. auch: J. Steiner, Die Feinde besiegte er und machte viel Beute. Aspekte mongolischer Eroberungspolitik, in: Wolfram Dornik/Johannes Giessauf/Walter Iber (Hgg.), Krieg und Wirtschaft – von der Antike bis ins 21. Jahrhundert, Innsbruck/Wien/Bozen 2010, S. 205–223. []
  73. John Man, The Leadership Secrets of Genghis Khan, London 2009. []
  74. Aus einem am 25. November 2004 im TV-Format Seitenblicke (ORF 2, ca. 20:05 Uhr) ausgestrahlten Interview über die Universum-Reportage Dschingis Khan. []